Migration, Integration und Bildung

Gestern war ich auf einem Vortrag von Prof. Dr. Klaus J. Bade, der auf Einladung des Zentralinstituts für didaktische Forschung und Lehre an der Uni gesprochen hat. Der Vortrag trug den Titel „Migration, Integration und Bildung“ und fand im Rahmen einer Lehrerfortbildungsreihe statt. Da Bildung nicht nur Lehrer was angeht, habe ich mich unters Volk gemischt und dem Ausführungen des emeritierten Professors der Universität Osnabrück gelauscht. So viel gleich vorweg: Es war ein äußerst kurzweiliger Vortrag, denn der gekonnte Redner hat durch anschauliche Beispiele und Anekdoten aus diversen Gremien aus Politik und Wissenschaft für einen spannenden und interessanten Abend gesorgt.

Der Vortrag war in drei Teile gegliedert:

  1. Vom Fremdeln in historischer Sicht
  2. Migration und Migrationspolitik
  3. Integration und Integrationspolitik

Zu 1.: Zuerst ging es um das Fremde an sich. Wer ist wann fremd und warum fühlt er sich so? Ein paar Insights aus seiner Familienhistorie machten deutlich, dass es kaum jemand in Deutschland gibt, der nicht irgendeinen Migrationshintergrund hat – deutsche Staatsangehörigkeit hin oder her. Außerdem hat er versucht den Mythos Integration als spaßige Angelegenheit zu entzaubern – vielmehr sei Integration ein anstrengender Kultur- und Lernprozess.

Zu 2.: Hier wurde die steigende Zahl der Deutschen, die ins Ausland abwandert, thematisiert. Diese Zahlen sind in den letzten Jahren steigend, obwohl die Wirtschaft in den letzten Jahren (klammern wir die aktuelle Entwicklung aus) angestiegen ist. Seine These ist, dass die Deutschen aus den selben Gründen ins Ausland gehen, weswegen die Zuwanderer ausbleiben. Richtig gelesen: So viele kommen überhaupt nicht nach. Zumindest nicht solche, die hochqualifiziert und motiviert sind. Deutschland eilt der Ruf voraus überreguliert zu sein, eine hohe Neidkultur zu haben, wenig Aufstiegschancen und eine zu starke Abgabenbelastung gepaart mit wenig beruflicher Freiheit zu bieten. Dazu kommt, so Bade, das Problem, das Akademiker aus dem Ausland extreme Probleme mit der Anerkennung ihrer Diplome oder Examina haben und hier um zu Überleben ein Dasein beispielsweise als Taxifahrer fristen müssen.

Zu 3.: Aus den diversen Definitionen von Integration, wählt Bade die folgende für sich: Möglichst chancengleiche Teilhabe an den Zentralbereichen des gesellschaftlichen Lebens. Dabei gilt das Motto Partizipation nicht Assimilation. Gut fand dich die Aussage, dass Integration ein unauffälliger Prozess ist, den man nur wahrnimmt, wenn er scheitert. Das deutsche Schulsystem beleuchtet er recht kritisch und nennt Beispiele von Studien, die belegen, dass die Reformakzeptanz von Eltern in Bildungsfragen z.B. in Punkto Gesamtschule oder Förderung von Schülern mit Migrationshintergrund weitaus höher ist, als die Politik uns vorgibt. Fehlt es uns an mutigen Politikern? Augenscheinlich. Die Folgen, die sich aus der Bildungsmisere ergeben sind zum einen, dass hochqualifizierte Absolventen mit Migrationshintergrund vermehrt in ihre Ursprungsländer zurückgehen (auch wenn sie die meiste Zeit ihres Lebens in Deutschland verbracht haben), weil die Mehrheitsgesellschaft das Bild von Deutschland als Heimat nicht glaubwürdig machen konnte. Zum anderen sieht er eine wachsende Aggressivität auf uns zukommen, die eine Folge der strukturellen Benachteiligung ist.

Was tun sprach Zeus?

1. Schaffung von positiven Leitbildern, d.h. Zuwanderung darf nicht als Bedrohung angesehen werden

2. Verständnis für kulturelle Heterogenität

3. Einübung von kultureller Anerkennung

Puh…ich hoffe, ich konnte zumindest einen Teil meiner seitenlangen Notizen zu dem Vortrag hier konzentrieren. Während des Abends zeigte sich des Öfteren, dass das Bild des Ausländers oft mit dem Türken gleichgesetzt wird. Meine Frage, worin er dieses Problem begründet sieht (es kann ja nicht nur der Islam sein) wurde leider nicht befriedigend beantwortet – einziger Wermutstropfen eines ansonsten gelungenen Abends.

Ein Interview mit Bade gibt es hier und auch hier.

I proudly present…

…meine Masterarbeit. Es ist soweit, alle Gutachten sind da und meine Masterarbeit über Knowledge Blogs, die mich über die letzten Monaten ganz schön auf Trab gehalten hat, steht seit gestern im Netz. Wer Interesse an meinen Ergebnissen hat: die Arbeit gibt es hier zum Download.

Ich hoffe, dass all diejenigen, die mich bereits während der Erstellung darum gebeten hatten ein Exemplar zu erhalten, auch hin und wieder hier vorbeischauen, da ich aufgrund eines technischen Defekts meines Rechners (ich erspare euch das ganze Ausmaß der Dramatik 😉 ) leider die Adressen der Interessenten verloren habe.

Schriftstück

Gerade eben habe ich meine Schrift analysiert. Jawohl. Anhand von Merkmalen wie Ausrichtung, Abstand und Ausprägung der Schrift soll angeblich erkannt werden können, wie es um die Persönlichkeit des Schreibers bestellt ist. Zugegeben, der „Test“, den man auf dieser Website machen kann, ist wirklich viel mehr Spaß als Ernst, aber das hat mich zumindest dazu gebracht, mal ein bisschen über „Graphologie“ zu recherchieren. Die Analyse von Schrift als Wissenschaft zu bezeichnen ginge manchen wahrscheinlich bereits zu weit – die Methodik ist sehr umstritten. Interessant ist es trotzdem, was alles in Schrift hinein interpretiert werden kann. Nach der Analyse des äußerst vertrauenswürdigen Herrn Doktors bin ich extrovertiert, vertrauensvoll, effizient, ehrgeizig, großzügig und „matter of fact“. Ah ja. Das könnte zwar so ziemlich auf die Hälfte meiner Bekannten zutreffen, aber wie das so mit diesen Test ist, so ein bisschen kann sich eben jeder darin wiederfinden. Die Graphologie ist keine Erfindung der letzten Jahre, aber es scheint, als würden manche Arbeitgeber neuerdings wieder verstärkt auf diese Methode zurückgreifen. In der letzten Zeit habe ich ein paar Leute gehört, die für Bewerbungen wieder auf handgeschriebene Dokumente setzen mussten. Selbst wenn es keine professionelle Analyse durch einen Graphologen (es gibt sogar einen Berufsverband) zur Folge hat, muss Sinn und Zweck von handschriftlichen Papieren ja eine subjektive Bewertung der Schrift des Kandidaten und ein Rückschluss auf seine Persönlichkeit sein – durch wen auch immer.

Bedenkt man, dass beispielsweise die Schreibschrift der Amerikaner und der Deutschen, die über ein annähernd gleiches Alphabet verfügen sehr unterschiedlich ist, stellt sich mir doch auch die Frage der Glaubwürdigkeit der Methode. Hier scheinen mir kulturelle Prägungen und Erziehung eine große Rolle zu spielen (wie so oft im Leben 😉 ). Wenn bei einer Schriftprobe eher darauf Wert gelegt wird, ob ein Bewerber es schafft, ein Stück Papier ohne Flecken und orthografische Fehler auf den Postweg zu bringen – meinetwegen. Ein geschulter Personalbetreuer sollte meiner Meinung nach aber imstande sein, solche Dinge auch im persönlichen Gespräch mit dem Gegenüber herauszubekommen.

Bericht über San Fran online

Wie ich weiß, interessiert es einige ja ganz besonders, was ich im September in den Staaten so alles erlebt habe (hier habe ich bereits darüber berichtet). In der November-Ausgabe der Audimax ist nun ein Bericht über das Event erschienen. In Printform habe ich es noch nicht gesehen, aber zumindest kann man hier das E-Paper angucken. Der Artikel findet sich auf Seite 10. Die Chefredakteurin von Audimax hat uns einige Tage auf unserem Trip begleitet und hatte somit einen ganz guten Eindruck.

Bloggen und Kommunikation

So gerne ich auch schreibe, aber beim persönlichen Gespräch mit Menschen kommt man einfach auf ganz andere Sachen, als wenn man, wie auch immer, schriftlich kommuniziert. Gestern hab ich mich über das Bloggen unterhalten und dabei ging es darum, was den Reiz dabei ausmacht. Das Medium Weblog unterscheidet sich insofern von anderen Formen der schriftlichen Kommunikation, als dass es eine größere potenzielle persönliche Nähe aufweist. Meine Beiträge lesen sich deshalb für die verschiedenen Rezipienten jeweils sehr anders, da sie einen anderen Referenzrahmen und andere Interpretationen zu meinen Aussagen haben. Nehmen wir als Beispiel den Beitrag von gestern zur Geschwisterforschung: Ich nehme an, dass mein Bruder diesen Artikel sorgfältiger bzw. analytischer (in Punkto unserer Geschwisterbeziehung) lesen wird, als jemand, der weder mich, noch meinen Bruder kennt bzw. als Einzelkind aufgewachsen ist. Vielleicht ist der Begriff der „Insider“ hier richtig gewählt: Einige Kommentare, Smileys oder Gedanken in Weblogs sind oftmals nicht für alle verständlich oder nachvollziehbar – ohne jedoch für andere Leser komplett sinnzerstörend zu wirken.

Aus Sicht der Kommunikationswissenschaft bietet sich hier das Modell von Schulz von Thun an. Nach seinem Kommunikationsquadrat gibt der Sender (für dieses Weblog wäre das demnach ich) vier Botschaften preis, die folgende Ebenen repräsentieren:

Sachebene – worüber informiert wird.

Beziehungsebene – hier wird klar, wie der Sender zum Empfänger steht und was er von ihm hält.

Selbstkundgabe – der Sender gibt Informationen über sich selbst preis.

Appell – mit jeder Kommunikation trifft man eine Aussage darüber, was der Sender erreichen möchte.

Betrachtet man die Beziehung von Blogger und Leser vor diesem Hintergrund nochmals, so wird klar, dass jeder der einen Blogbeitrag liest, etwas ganz anderes davon mitnimmt oder den Beitrag sehr unterschiedlich interpretiert werden kann.

Und genau das ist es, worin sich für mich unter anderem die Faszination des Bloggens begründet: Ich lese aus den Beiträgen meiner Freunde und Bekannten durchaus, wenn sie verärgert oder aufgewühlt sind oder kann durch Informationen, die anderen Lesern nicht vorliegen schmunzeln oder Zusammenhänge erkennen – obwohl es so im Beitrag überhaupt nicht für jeden erkennbar ist. Insofern ist Bloggen schon fast eine Art „Geheimkommunikation“, die aber die anderen Leser mit geringerer emotionaler Involviertheit nicht aus dem Kommunikationsprozess ausschließt. Ganz im Gegenteil! Nur die Ebenen, auf denen argumentiert und vor deren Hintergrund interpretiert wird, sind eben sehr unterschiedlich.

Hänsel und Gretel – Geschwisterforschung

Alex hat über eine Statusmeldung im Skype auf einen interessanten Beitrag aufmerksam gemacht: Quarks & Co. stand diese Woche unter dem Motto der Geschwisterforschung. Das Video der Sendung war so spannend, dass ich hängengeblieben bin. Mein Schicksal ist das Dasein als kleine Schwester. Ich finds ja klasse – wie das mein Bruder sieht, weiß ich natürlich nicht – aber ich gehe davon aus, dass er sich in seiner Rolle ganz wohl fühlt. Man muss sich das mal vor Augen halten – ich kenne das Leben als Einzelkind ja garnicht, mein Bruder konnte knappe 8 Jahre die uneingeschränkte Aufmerksamkeit unserer Eltern sein Eigen nennen. So hab ich das noch nie betrachtet.

Sehr interessant fand ich im Beitrag, dass wissenschaftliche Studien herausgefunden haben, dass gerade die Jüngeren in der Geschichte Verfechter von neuen Theorien, wie der Relativitätstheorie oder der Evolutionstheorie waren. Plakativ kann man auch sagen: Die Kleinen sind die Revoluzzer 🙂 Dieser Aussage kann mein Bruder sicher zustimmen – aber ist doch auch irgendwie logisch: Als Jüngerer muss man sich ja irgendwie abgrenzen und behaupten und da muss man eben auch mal auf die Pauke hauen, um sich Gehör zu verschaffen. In dem Video vom WDR wird auch gesagt, dass Zwillinge, die getrennt aufwachsen, sich ähnlicher sind, als solche, die gemeinsam groß werden. Das lässt demnach darauf schließen, dass die genetischen Anlagen dann stärker hervor treten, wenn die (natürliche) Konkurrenzsituation unter Geschwistern minimiert wird.

Aber Konkurrenz belebt ja bekanntlich das Geschäft. Geschwister lernen viel voneinander, wie hier berichtet wird. Laut den Studien hätte ich in meiner Konstellation (großer Bruder/kleine Schwester) dabei das Nachsehen: die kleine Schwester kann am wenigsten profitieren. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich das allerdings nicht bestätigen: Ich war immer froh, die Kleine zu sein und vor allen Dingen Teil eines Geschwisterpaares zu sein.

Für alle Geschwister aber auch für alle Einzelkinder: ein spannender Beitrag, den ich nur empfehlen kann!