Mediengespräche 2009

Gestern fanden im Rathaus die diesjährigen Augsburger Mediengespräche statt. Die Gesprächsrunde stand unter dem Motto „Computerspiele und Gewalt – Helfen Verbote weiter?„. Bereits im Vorfeld hatte ich zahlreiche Leute gesprochen, die genervt die Augen verdrehten, weil sie das Thema „nicht mehr hören können“. Gerade deshalb hat es mich interessiert. Diskutiert haben Wolfgang Bergman (Erziehungswissenschaftler und in der Runde wohl als Therapeut geladen), Christine Haderthauer (, die nicht anders konnte, als Teile des CSU-Wahlprogramms einfließen zu lassen), Ulrike Kriener („Schauspielerin und Mutter“ – so steht es jedenfalls im Programmheft), Prof. Helmut Lukesch (Uni Regensburg), Prof. Jörg Müller-Lietzkow (Uni Paderborn) und Verena Weigand (BLM – Vertreterin des Jugendschutzes). Moderiert wurde von Thomas Kausch, einem TV-Moderator.

Natürlich wurde schnell die Schuldfrage laut. Da schiebt der eine die Schuld auf die Politik, der andere nimmt die Eltern in die Verantwortung und der nächste prangert die Industrie an. Argumentiert wurde teils mythenhaft mit Legenden über Versuche, wie die USK förmlich von der Spieleindustrie manipuliert würde, um eine Altersfreigabe zu erhalten (Ministerin Haderthauer bei einem ihrer Versuche klar zu stellen, wo sie in letzter Zeit überall falsch zitiert wurde). Prof. Müller-Lietzkow war in der Runde der „Underdog“ und bei derartigen Aussagen konnte er kaum an sich halten. Seine Argumente waren nachvollziehbar und meines Erachtens durchaus sachlich begründet, da er aber eben nicht GEGEN Spiele ist, war seine Stellung in der Runde natürlich schwierig.

Man muss sich das natürlich vor dem Hintergrund der Erwartungen und des Publikums anschauen. Besorgte Eltern, Anhänger der Piratenpartei, und jede Menge Politprominenz. Da tut sich der ein oder andere schwer, zu sagen, dass Computerspiele nicht immer verteufelt werden sollten. Ulrike Kriener hat mich ein bisschen enttäuscht. Vielleicht lag es an ihrer angekündigten Rolle, aber außer dem Vorschlag, alle Eltern sollen doch mit ihren Kindern (so wie sie und ihr Mann das machen würden) zum Bergsteigen gehen, halte ich für wenig lebensnah. Nichts gegen sportliche Aktivität, aber irgendwann sind eben Peer-Groups und andere Interessen spannender als elterliche Ausflüge. In die selbe Kerbe schlug auch Wolfgang Bergmann, der aus der Bibel zitiert und „Kindern können gar nicht anders, als ihre Eltern zu lieben“. Schön und gut…aber was hat das mit Gewaltspielen zu tun? Prof. Lukesch hat eine sehr regide Meinung zu dem Thema: Spielehersteller, die sich mit Gewaltspielen bereichern müssten moralisch mehr geächtet werden. Durch seine langjährige Arbeit kann er massenhaft Wirkungsstudien zu Gewaltspielen vorlegen. Prof. Müller-Lietzkow kündigte als Pendant dazu übrigens an, bald Ergebnisse einer derzeit laufenden inhaltsanalytischen Studie zu Gewaltspielen vorweisen zu können.

Was mir total gefehlt hat, war die Sicht eines Jugendlichen oder eines Spielers. Mir ist natürlich bewusst, dass die Mediengespräche sich mit hochkarätigen Sprechern rühmen wollen. Aber man kann doch nicht ohne direkt Beteiligte diskutieren. Prof. Lukesch und Prof. Müller-Lietzkow gaben an zumindest selbst die meisten Spiele, über die hier diskutiert wird, zu spielen. Wie sieht es mit Frau Haderthauer oder Frau Kriener aus? Warum kann man sich nicht mit seinem Kind vor den Computer setzen und sich mal zeigen lassen, was es da eigentlich spielt? Nur dann kann man doch eine Einschätzung geben, oder?

Lösungs- bzw. Verbesserungsvorschläge gab es vereinzelt: So wurde über eine Positivkennzeichnung für Spiele nachgedacht (die ich durchaus für sinnvoll halte) – also nicht nur zu sagen, was verboten ist, sondern auch, was für wen den gut geeignet ist. Das Fach Medienkompetenz in der Lehrerausbildung und im schulischen Curriculum stärker zu verankern wurde ebenso gefordert (und von anderen sofort abgeschmettert).

Mein Fazit: Unbefriedigend. Die Zeit war viel zu knapp bemessen, einige Redner konnten großen Sach- und Fachwissen aufweisen, wurden aber kaum zu Wort gelassen. Interessant war es allemal, aber viel schlauer ist das Publikum jedenfalls nicht nach Hause gegangen.

6. Augsburger Mediengespräche

Gestern fanden im schönen Rathaus die 6. Augsburger Mediengespräche statt, die unter dem Motto „Medienkinder – wie viel Medien brauchen Kinder?“ standen. Der Saal war komplett gefüllt und das Publikum wartete gespannt auf Maybrit Illner, die als Moderatorin durch den Abend führte, sowie die Gäste aus Wissenschaft, Medien und Bildung. Die Positionen wurden relativ schnell klar: Da war auf der einen Seite ein Vertreter der Wissenschaft, der ein erstaunliches Gedächtnis für Zahlen bewies und von Forschungsergebnissen in Bezug auf Kinder und Medienkonsum berichtete. Dabei schaffte er es gekonnt zu polarisieren. Am Anfang hatte ich den Eindruck, er hält überhaupt nichts von neuen Medien whatsoever, allerdings relativierte er gegen Ende der Diskussion diesen Eindruck etwas, in dem er zugab, dass neue Medien durchaus positive Aspekte zu bieten hätten. Was mich wirklich irritiert und durchaus aufgeregt hat, war die platte Diskussion in Punkto „Killerspiele“. Alleine die Verwendung dieses Schlagwortes ist in meinen Augen unangebracht. Das es gewalthaltige Spiele gibt, ist nicht von der Hand zu weisen, aber für diese Sachen gibt es in Deutschland den Jugendschutz. Dass dieser eingehalten werden muss, steht natürlich außer Frage, aber die Vertreterin vom Bayerischen Staatsministerium war wirklich äußerst bemüht, diese Killerphrase so oft wie möglich zu verwenden. Dabei ließ sich wunderbar beobachten, wie die jüngeren Zuschauer vor Verzweiflung immer tiefer in ihre Stühle rutschten und die anderen Herrschaften interessiert die Ohren spitzten. Und da liegt das Problem: In einer Diskussion, die über den Umfang des Medienkonsums von Kindern handelt, darf es nicht sofort nur noch um Killerdings hier und böses TV dort gehen. In zwei Nebensätzen wurden die positiven Seiten der Medien (ich spreche jetzt von analogen Medien UND digitalen Medien) erwähnt – eigentlich schade. Ein Kind ohne Medienkompetenz wird sich in Zukunft schwerlich behaupten können – so ist zumindest meine persönliche Meinung. Letztendlich war das Gespräch also wenig fruchtbar. Was ist denn nun die Quintessenz? Wie lange dürfen sich Kinder mit Medien beschäftigen? Einig wurden sich die Anwesenden jedenfalls nicht. Besonders schön fand ich die Aussage eines ehemaligen Lehrers, der richtigerweise gesagt hat, dass die Personen, um die es in dieser Diskussion geht, wahrscheinlich den Fernseher gleich ausmachen würden, wenn sie die Aufzeichnung sehen. „Vor allem weil hier auf so hohem Niveau diskutiert wird.“ Wer sich näher für das Thema interessiert, kann ja auch mal hier lesen.