So gerne ich auch schreibe, aber beim persönlichen Gespräch mit Menschen kommt man einfach auf ganz andere Sachen, als wenn man, wie auch immer, schriftlich kommuniziert. Gestern hab ich mich über das Bloggen unterhalten und dabei ging es darum, was den Reiz dabei ausmacht. Das Medium Weblog unterscheidet sich insofern von anderen Formen der schriftlichen Kommunikation, als dass es eine größere potenzielle persönliche Nähe aufweist. Meine Beiträge lesen sich deshalb für die verschiedenen Rezipienten jeweils sehr anders, da sie einen anderen Referenzrahmen und andere Interpretationen zu meinen Aussagen haben. Nehmen wir als Beispiel den Beitrag von gestern zur Geschwisterforschung: Ich nehme an, dass mein Bruder diesen Artikel sorgfältiger bzw. analytischer (in Punkto unserer Geschwisterbeziehung) lesen wird, als jemand, der weder mich, noch meinen Bruder kennt bzw. als Einzelkind aufgewachsen ist. Vielleicht ist der Begriff der „Insider“ hier richtig gewählt: Einige Kommentare, Smileys oder Gedanken in Weblogs sind oftmals nicht für alle verständlich oder nachvollziehbar – ohne jedoch für andere Leser komplett sinnzerstörend zu wirken.
Aus Sicht der Kommunikationswissenschaft bietet sich hier das Modell von Schulz von Thun an. Nach seinem Kommunikationsquadrat gibt der Sender (für dieses Weblog wäre das demnach ich) vier Botschaften preis, die folgende Ebenen repräsentieren:
Sachebene – worüber informiert wird.
Beziehungsebene – hier wird klar, wie der Sender zum Empfänger steht und was er von ihm hält.
Selbstkundgabe – der Sender gibt Informationen über sich selbst preis.
Appell – mit jeder Kommunikation trifft man eine Aussage darüber, was der Sender erreichen möchte.
Betrachtet man die Beziehung von Blogger und Leser vor diesem Hintergrund nochmals, so wird klar, dass jeder der einen Blogbeitrag liest, etwas ganz anderes davon mitnimmt oder den Beitrag sehr unterschiedlich interpretiert werden kann.
Und genau das ist es, worin sich für mich unter anderem die Faszination des Bloggens begründet: Ich lese aus den Beiträgen meiner Freunde und Bekannten durchaus, wenn sie verärgert oder aufgewühlt sind oder kann durch Informationen, die anderen Lesern nicht vorliegen schmunzeln oder Zusammenhänge erkennen – obwohl es so im Beitrag überhaupt nicht für jeden erkennbar ist. Insofern ist Bloggen schon fast eine Art „Geheimkommunikation“, die aber die anderen Leser mit geringerer emotionaler Involviertheit nicht aus dem Kommunikationsprozess ausschließt. Ganz im Gegenteil! Nur die Ebenen, auf denen argumentiert und vor deren Hintergrund interpretiert wird, sind eben sehr unterschiedlich.