Twitter – Ein Selbstversuch

Lange habe ich gezögert, skeptisch beäugt und durchaus kritisch gegenüber Twitter Position bezogen. Meine Auffassung war: Ich habe ein Weblog, auf diesem Weg sage ich dem Teil der Welt, der sich für meine Ansichten interessiert, was bei mir gerade so los ist. Meine aktuelle Stimmung auf 140 Zeichen unterzubringen und dabei noch eloquente und möglichst elaborierte und clevere Aussagen zu treffen…puh…ich fand den Gedanken etwas anstrengend. Außerdem bin ich ein klein wenig Freigeist und entscheide Dinge gerne, weil ich denke, dass die Zeit gekommen ist, nicht weil jemand anderes denkt, ich müsste „jetzt mal twittern“. Ansonsten würde ich mich durchaus als Early Adopter bezeichnen, aber bei Twitter habe ich etwas Anlauf gebraucht. Aber: Man soll ja schließlich eine begründete Entscheidung für oder gegen etwas treffen, also habe ich für mich beschlossen, dass ich es AUSPROBIEREN muss. Im Januar war es dann soweit. Heimlich, still und leise habe ich mir ein Twitter-Account angelegt, um mal selbst zu sehen, was mir das bringen könnte. Mit still und leise war es leider ziemlich schnell vorbei: Kaum bin ich der ersten Person gefolgt, hat diese  mich auch schon offiziell bei Twitter begrüßt, womit meine Tarnung aufflog. Na ja..so schlimm war es ja nicht und schließlich lebt Twitter ja auch von den Kontakten.

Nach gut zwei Monaten Testphase will ich ein kurzes Resümee ziehen: Mein Weblog und mein Twitter-Account nutze ich auf sehr unterschiedliche Weise. Sachen, die mir auffallen, die mir aber zu „irrelevant“ für ein ganzes Posting im Blog erscheinen, die twitter ich eben jetzt mal schnell. Richtige Argumentationsstränge bei Twitter aufzubauen halte ich nach wie vor für unmöglich – aber so ist das ja auch wohl nicht gedacht („my interpretation of Twitter“). Ab und zu gibt es auch völlig uninteressante Sachen, die ich twittere. Warum? Weil mir einfach danach war – das ist so eine Art Skype-Status-Meldung für einen anderen Personenkreis. Hat was von Katharsis. 🙂 Was mich nach wir vor etwas nervt, ist die Einbindung von Twitter bei Facebook und Co. Wer sich willentlich dafür entscheidet, mir zu folgen, der muss dann auch damit leben, wenn ich twittere, was ich will. Aber manche twittern so viel, dass das gleichzeitige Bombardement bei sozialen Netzwerken teilweise sehr anstregend ist. Da setzt irgendwann aber auch die selektive Wahrnehmung ein… 🙂

Ich habe jetzt beschlossen, den „Versuch“ als durchaus erfolgreich zu bewerten. Durch die Tweets bin ich auf interessante Seiten gestoßen, hatte selbst die Möglichkeit Beiträge weiterzugeben und kann durchaus einige nette „Gespräche“ oder Mini-Diskurse vorweisen. Mein Ziel war und ist es nicht, 1 Million Follower zu bekommen – ich beschränke mich auf einen kleinen aber feinen Kreis, dem ich folge und freue mich, wenn sich jemand für meine Tweets interessiert. Alles andere wäre nur wieder ein Zeiträuber.

Didacta in Köln

In den letzten Jahren habe ich die Didacta immer in der Medienberichterstattung oder durch Berichte in Blogs etc. verfolgt. Diesmal wollte ich auch einmal live dabei sein. Im Moment findet in Köln die Bildungsmesse statt und nachdem ich mir am ersten Tag erst einmal einen Grobüberblick verschafft habe konnte ich am Mittwoch einige Sachen, die im Rahmen des Hochschultages stattfanden, erleben. Los ging es in der Früh mit der Podiumsdiskussion zum Thema „Sich verändernde Lernorte in Schule und Hochschule – digitale Medien für Lehre, Prüfungen und Publikationen“. Ein langer Titel, der viele Felder für Diskussionen öffnet und die auch in der tatsächlichen Diskussion angesprochen wurden. Die Grußworte wurden nicht wie angekündigt von Prof. Dr. Pinkwart, sondern von Harmut Becker, einem der Vorstände des Didacta Verbandes gesprochen. Dabei äußert er sich äußerst kritisch darüber, dass die Politik der Bildungsmesse nur so wenig Aufmerksamkeit schenkt. Beispielhaft führte er an, dass er es unverständlich findet, wenn Kanzlerin Merkel die Spielwarenmesse eröffnet, aber für das Thema Bildung keine Zeit hat.

Die Diskussion selbst wurde moderiert von Matthias Degen und geladen waren Gabi (Reinmann) und Roland Reuß (Uni Heidelberg) als Vertreter der Universitäten und Hans Ruthmann (Direktor einer Gesamtschule) und Alfons Rissberger (Gründungsvorstand D21) von Seiten der Schulen.

Langweilig wurde es auf diesem Podium nicht, da alle Beteiligten sehr unterschiedliche Positionen vertraten. Rissberger wurde nicht müde zu betonen, wie wenig die Politik doch für Bildung macht. Man konnte merken, wie stark ihn diese Themen beschäftigen und dass er absolut nicht nachvollziehen kann, wieso der technische Fortschritt keinen Einzug in (Hoch-)Schulen hält. In einem Punkt konnte ich ihm nicht zustimmen: Seiner Aussage nach, können „höchstwertige“ Simulationen echte Emotionen auslösen und somit die Realität ersetzen. Das finde ich etwas grenzwertig, denn meiner Meinung nach geht hier nicht um den kompletten Ersatz klassicher Medien, Methoden und Vorgehensweisen durch digitale Medien sondern um sinnvolle Ergänzung und gezieltem Einsatz an richtiger Stelle.

Reuß, ein Literaturwissenschaftler hatte aus meiner Sicht eine sehr eingeschränkte Sichweise von Digitalisierung. Eine PDF in der Vorlesung zur Veranschaulichung heranzuziehen, so schien mir, ist für ihn schon eine extreme Neuerung. Da ist mir wieder bewusst geworden, dass man wirklich über den Tellerrand blicken muss. Was für uns total normal ist (Blogs, Twitter, you name it) ist für andere überhaupt noch nicht in der Lebenswelt angekommen und was für mich von vorgestern ist, sehen andere noch als digitale Revolution. Meine Lieblingsaussage von ihm hat er im Kontext von Typografie und Entwicklung der Sprache genannt: Dabei bezieht er sich auf Spiegel Online und behauptet, dass die dort alle „partielle Analphabeten“ sind. Wunderbar.

Als sehr reflektiert habe ich Herrn Ruthmann empfunden, der über den Einsatz von Notebooks an seiner Schule berichtete. Er sieht den Rechner nicht als Ersatz für das Buch, sondern „lediglich“ für ein Arbeitsgerät. In seiner Schule werden die Eltern aktiv einbezogen und z.B. auch gefragt, ob sie wollen, dass ihr Kind in eine Notebookklasse geht (die Schule wird wohl überrannt…alle wollen). Für mich ein Praktiker, der an passender Stelle kommentiert hat und sich ansonsten angenehm zurückhielt.

Gabi wurde gleich mal mit dem Vorlesungsblog vorgestellt (nachdem der Moderator ihr Weblog falsch benannt hatte…) und gab aber zu bedenken, dass es eben nur ein Beispiel oder ein Versuch für ein mögliches Szenario ist, das unter anderen Bedingungen anders laufen kann. Sie plädierte für eine Koexistenz von Neuem und Klassischem und sieht dieses Nebeneinander nicht als Widerspruch. Wo bringt der Einsatz was, wo nicht? Neben  Ruthmann war Gabi (wie gewohnt) die unaufgeregteste Person in der Diskussion. Man hat gemerkt, dass das Thema emotionsgeladen ist, vor allem, weil die Personen vor anderen Hintergründen argumentierten.

Fazit zur Diskussion: Auf jeden Fall gut gewählte Redner, die sich nicht scheuten, ihre Meinung sehr offen und direkt zu äußern und das Gespräch im Gang zu halten.

Allgemeines Fazit zur Didacta: Ich war schockiert, welche Massen von Lehrkräften sich dort durch die Hallen schieben, um sich von diversen Schulartikelherstellern beschenken zu lassen. Die Leute kommen da mit Trolleys angereist, um die ganzen Give-Aways zu verstauen und bequem von einer Halle zur nächsten zu bekommen. Sowas habe ich noch nicht erlebt, ehrlich. Das Angebot ist überwiegend so gestaltet, dass es auch zu meiner Schulzeit aktuell hätte sein können (Bücher, Stifte etc.) – von einigen Ausnahmen abgesehen. Beim Forum eLearning war überwiegen NIX los – fand ich schade. Leider war es auch räumlich in eine Ecke verschoben worden, so dass die Besuchermassen dort gar nicht hingelotst wurden. Einige Stände waren sehr gut besucht und konnten sich schier gar nicht vor den Massen retten, während andere Stände (z.B. Bayerisches KuMi) vereinsamt waren. Muss man mal gesehen haben.

Update: Interessante Berichte gibt es auch bei Gabi und Joachim.

Auf Palma wars am Schönsten…

Zur Zeit weile ich in Valencia auf der INTED2010. Nachdem ich gestern gemeinsam mit meinem Kollegen Matthias Brandl einen Vortrag im Rahmen des EU-Projekts gehalten habe und auch die Session moderiert habe, habe ich jetzt in der Pause kurz Zeit, um auch ein bisschen über die irrwitzigen Seiten einer Tagungsreise zu berichten. Nachdem ich schon aufgefordert wurde, doch darüber zu bloggen (@Sandra…hier hast Du), will ich das gerne machen. Ich finde ohnehin, dass es mal wieder Zeit ist für einen erheiternden Beitrag in meinem Blog. Für mich wars weniger witzig, aber was man nicht alles tut…

Irgendwie habe ich mit meinen Dienstreisen nicht so Glück. Bereits mehrfach hatte ich erschwerte Bedingungen in Kauf zu nehmen um an den Ort des Geschehens zu kommen. Die Geschichte von letztem Jahr (ich sag nur…die Schweiz…oder wie man dort nicht hinreist) hätte mich warnen sollen. Diesmal dachte ich kann ja nicht viel schief gehen – Valencia ist ja eine große Stadt mit guter Verkehrsanbindung, das wird alles klappen. Also, ab in die Bahn nach München und auf an den Flughafen. Dort angekommen, erwartete uns gleich mal eine Verspätung von zwei Stunden. An sich noch nicht tragisch, uns wurde versichert, dass wir den Anschlussflug in Palma de Mallorca problemlos bekommen würden. Dort gelandet wurden wir an „Margot“ die freundliche Dame vom Bodenpersonal verwiesen, die uns mitteilte, dass wir doch gerne noch Palma besichtigen sollten, vor heute abend würden wir nirgendswohin weiterfliegen und schon erst recht nicht nach Valencia. „Herzlichen Glückwunsch, Sie haben einen Freiflug nach Alicante gewonnen!“ Schlechter Scherz, ich weiß. Auf unsere Nachfrage, wie weit genau Alicante denn von Valencia wäre und wie es dann weiterginge, hieß es: „Ach, das sind doch nur 40km – alles andere klärt sich dann.“ Sechs Stunden, die wir am Flughafen in dem Hot Spot „Cafeteria Parking“ verbracht haben, wurden wir also nach Alicante geflogen (ich erspare mir die Details vom Flug). In Alicante hatte die Hälfte der Fluggäste, die nach Valencia wollten keine Koffer. Diesmal hatten wir Glück. Unser Gepäck war da. Jetzt waren wir aber immer noch nicht in der richtigen Stadt („Wo ist Margot?“), was damit endete, dass wir die 200km (nicht 40km – Margot hatte wohl kein räumliches Vorstellungsvermögen…) mit dem Taxi durch die Nacht gebraust sind. Kostenpunkt für die Airline 238€ (einfacher Weg) – der Taxifahrer hatte die Fahrt seines Lebens. 14 Stunden hat es uns insgesamt also gekostet zur Tagung zu kommen. Übrigens, unter den Mitreisenden waren auch Leute, die zur selben Tagung wollten..heute habe ich sie den dritten Tag mit den gleichen Klamotten gesehen…soviel zum Thema, die Koffer werden sofort nachgeliefert… Und die Moral von der Geschicht‘: Einfache Dienstreisen gibt es nicht.